Die Stadt Lubeca Nova

Lubeca Nova ist der Name, den sich die Stadt Neu Freystadt nach der großen, zerstörerischen Novemberflut von 1217 und nach dem Beitritt zur Hanse von Lubeca gegeben hat.

Beim Namen denkt man meistens nur an das Gebiet der Stadt selbst: Eine mittlerweile stark gewachsene Ansammlung von Quartieren, Bezirken und Handwerks-"Gruben", gelegen auf einer langgezogenen Flussinsel und den gegenüber liegenden Ufern des Flusses Dhonov, kurz vor seiner Mündung. Die Stadtrechte gehen dabei auf die alte Ödländer Landnahme zurück.

Der Name Lubeca Nova (und auch einst Neu Freystadt) schließt aber auch den Gebietsanspruch auf ein Umland mit ein, das die ersten Pioniere ebenfalls urbar machen wollten. Das ist zwar unterschiedlich gut gelungen, aber eben jenes Umland gehört de facto dazu. Vor kurzem wurde es zur besseren Verwaltung und Erschließung in zwei Gemarkungen aufgeteilt. Aber dazu später mehr.

Die Stadt liegt wie gesagt auf einer ausgedehnten Flussinsel, der Isinghal, und entlang der gegenüber liegenden Ufer. Der älteste Teil der Stadt wurde des besseren Schutzes wegen auf der Insel im Fluss erbaut, einschließlich des alten Hafens. Der westliche ("linke") Flussarm, der sogenannte Ledhon ist am unteren Lauf sehr viel tiefer und war daher besser als Ankerplatz geeignet. Der östliche ("rechte") Flussarm, der Vasdhon, ist bedeutend flacher und bisweilen sogar untief. Von daher war er besser für die Flusskähne und Treidler geeignet, die den Dhonov flussaufwärts fuhren und so das Umland mit der Stadt verbanden. 

Unterhalb des Hafens liegt dann auch der älteste Stadtteil, das Hafenviertel. Anfangs durch eine einfache Holzpallisade geschützt, platzte das Viertel bald aus allen Nähten. Der Rest der Isinghal wurde schnell besiedelt und auch längs der Ufer entstanden viele zunächst einfache Häuser und Katen. Für die größer werdende Stadt wollte man dann den Schutz auch weiter an die Mündung des Dhonov verlegen, und so entstand auf einer schmalen Landzunge am Westufer des Ledhon die erste größere Wehranlage, aus der später das Burgviertel hervorgehen sollte. So wuchs die Stadt Stück um Stück, bis zuletzt - kurz vor der Flut - etwa 50.000 Seelen in der Stadt geschätzt wurden, aufgeteilt auf sieben größere Stadtviertel und eine noch größere Anzahl an Quartieren und sogenannten "Gruben", den urtümlichen Bezeichnungen für die Ansammlung von Handwerkern und Arbeitern. Nicht alle Viertel haben die Flut unbeschadet überstanden, und gerade in den näher am Dhonov liegenden Vierteln sind die Schäden doch immens.

Die Ödländer Landnahme beinhaltete damals, wie bereits erwähnt, auch die Inbesitznahme eines größeren Teils des Umlandes der damals neu entstehenden Stadt. Dieses Umland ist von West nach Ost etwa einhundert Meilen breit und entlang des Flusslaufs des Dhonov ungefähr fünfzig Meilen tief. Zwar wurde das Land nie wirklich besiedelt, weil sich alle Neuankömmlinge immer in der Stadt oder in ihrem unmittelbaren Umkreis ansiedeln wollten, es gab aber durchaus Bestrebungen, die Rohstoffe dieses Umlandes zu gewinnen und in die Stadt zu bringen. Daran hat sich wenig geändert. Nur, dass die Novemberflut auch vor Teilen des Umlands nicht Halt gemacht hat. Zwar sind vermutlich keine dauerhaften Seen entstanden, aber stellenweise steht das Land noch unter Wasser oder ist schlicht sumpfiger Morast ohne nennenswerten Nutzen.

Um es nun einfacher verwalten zu können, wurde das Umland in zwei Gemarkungen unterteilt.
Es gibt dort zwar mehrere kleinere Siedlungen, von denen dann jeweils eine wohl zu einer Art Vogtei werden wird, aber die Siedlungen liegen weit auseinander, und insgesamt sind die Gemarkungen wenig erschlossen. Die Grenze dieser Gemarkungen bildet der von Nord nach Süd fließende Dhonov, der sie somit in eine westliche und eine östliche Gemarkung aufteilt. Nach Norden hin steigt alles Land zunächst sanft an, bis zur Rugener Schwelle, einer langgestreckten, grob von Nordost nach Südwest verlaufenden Falz, die die Ebene sehr abrupt vom nördlichen Bergland trennt. Die Schwelle kann stellenweise gut fünfzig Klafter hoch aufragen, und es gibt so gut wie keine befestigten Wege hinauf oder hinab. Der Dhonov ergießt sich hier auch aus luftiger Höhe über zwei Katarakte in die Tiefe und hinein in den Borgasee. Ab hier ist der Dhonov auf überhaupt erst schiffbar, und dann auch nur mit Flusskähnen und Treidlern.

Die Gemarkung Bregarlund ("Birkenwald") im Westen ist reich bewaldet und wird schnell hügeliger, je weiter man reist, bis man nach etwa vierzig Meilen an den schroffen Hängen des Tryggarkamms steht, dem Grenzgebirge nach Fälisch Luchsenstein. Ein breiter Pfad führt von hier aus ins Gebirge hinauf und bildet den einzigen derzeit bekannten Pass ins Nachbarland. Einige Hochlandseen, wilde Wälder, Flussbetten und Moränen prägen hier die Landschaft. Außerdem kann man entlang dieser Berge immer wieder größere erkaltete Lavazungen sehen - und muss sie teilweise auch mühselig umgehen oder überqueren. Sie stammen wohl von einigen mittlerweile erloschenen Vulkanen, von denen mitten in den Bergen angeblich noch einige tiefe Kegel übrig sein sollen. Ganz im Norden des Tryggarkamms liegen die ersten schneebedeckte Wipfel eines Ausläufers des stauchischen Ringgebirges. Dort befindet sich auch der immer wieder Rauch speiende Vulkan namens Seinjarlóki, der wiederum aus alten Tagen mit allerlei Mythen und Legenden in Verbindung gebracht wird. Im Süden dieses Grenzlandes ragt eine der Lavazungen weit ins Meer hinein und hat mit allerlei Geröll und launischen Meeresströmungen ein breites "Delta" voller schroffer Schären mit gebildet, dass von den Einwohnern Skodricks Riff genannt wird. Teilweise sieht man sogar immer wieder Dämpfe über den Schären aufsteigen, und einige Wracks sind zwischen den Felsen im Meer sichtbar. Es lohnt sich also, diese Schären weit zu umfahren.

Die Gemarkung Kirgrast ("Geschmückte Weide") hingegen fällt vom Ufer des Dhonov nach Osten hin ab und geht in weite Wiesen und Felder über. Noch weiter im Osten erheben sich zwar auch einige Hügel, aber bis dorthin ist das Land sehr eben und durchaus fruchtbar. Inmitten der Hügel ragt der schroffe Engrimm empor, vielleicht ein Überbleibsel eines alten Vulkans, denn sein Stein ist auch sehr viel dunkler als das Geröll des Umlands. Auf alle Fälle wurde hier seit eh und je Eisen und auch anderes Erz abgebaut. Jenseits der Hügel und des Engrimms hingegen, etwa fünfzig Meilen von Lubeca Nova entfernt, beginnt das feuchte und sumpfige Schwemmland, das bis hin zum Fluss Gangir führt, dem Grenzfluss zum rätselhaften Land Neyjnharta, auch Neunherz genannt. Der Gangir hat über unzählige Jahre ein nicht ungefährliches Delta ins Meer getragen, das an vielen Stellen untief und tückisch ist, ganz ähnlich, wie Skodricks Riff weit im Westen. Mehrere Schiffswracks zeugen auch hier davon, dass man diesen Bereich der Küste besser umfahren sollte. Es gab in der Vergangenheit mindestens einen Versuch, an dieser sumpfigen Küste einen kleinen Außenposten zu errichten, aber einige nasse Bohlen, ein überschwemmter Pfad und einige eingesunkene Holzbauten sind alles, was von diesem Versuch übrig geblieben ist.